Die Blicke streiften mich nicht, nein sie schnitten wie durch mich hindurch, bis ich auseinander und fein zerteilt auf den Boden fiel. Mit dem gefühlten Aufschlagen gelangte die Realität wieder zu meinem abwesenden Geist durch, doch wie eh und je war dieses so nette und so hübsche Mädchen mit ihren Freundinnen schon an mir vorbeigegangen. Barbara hieß sie. Sie war mit diesem Frank, eine Jahrgangsstufe über uns, zusammen. Er lachte über Leute wie mich und ich mochte ihn nicht besonders. Er machte sich mehr als einmal vor Barbara und seinen Freunden über mich lustig. Nein, ich mochte ihn nicht, stellte mir oft vor, wie ich ihn im fairen Zweikampf besiegen und er um Gnade flehend vor mir kauern würde. Doch ich verwarf diesen unschönen Gedanken ihn in seinem eigenen Blut vor mir liegen zu sehen. Wenn sie mit ihm glücklich war, dann sollte es mir doch recht sein, was brauchte sie mich dann noch? Als wir uns einmal im Treppenhaus der Schule begegneten und ihr ein Buch hinunterfiel hob ich es ihr kurzerhand auf und sah sie schweigend an. Sie lächelte und dann sagte ich irgendeinen Satz, der sie zum Lachen brachte. Aber ich musste weiter zum Unterricht – in der letzten Bank sollte sich doch noch Leben regen.
Das war vor drei Jahren. Sie machte wohl noch ihr Abitur während ich mit meiner mittleren Reife eine Ausbildung zum Rettungssanitäter antrat. Irgendwie hätte ich nicht gedacht sie jemals wiederzusehen. Doch die späte Nacht schien wie dafür gemacht. Wie Diskolicht das blau, sich im Kreise drehend und weder Erlösung noch Erleuchtung bringend. Das Auto zu schnell, der Fahrer zu reaktionsträge und der abgestellte Anhänger mit Stahlrohren beladen. Sie streiften sie nicht, nein sie schnitten wie durch sie hindurch. Frank in seinem eigenen alkoholisierten Blut – ein später, kampfloser wie fragwürdiger Triumph. Neben ihm Barbara in ihrem. Ich dachte an ihr vergangenes Lachen, damals wie jetzt, doch mir war es das längst. Aber ich musste weiter an die Arbeit – auf der Rückbank regte sich noch Leben.
Das vergangene Lachen
21. Juli 2020Die Blicke streiften mich nicht, nein sie schnitten wie durch mich hindurch, bis ich auseinander und fein zerteilt auf den Boden fiel. Mit dem gefühlten Aufschlagen gelangte die Realität wieder zu meinem abwesenden Geist durch, doch wie eh und je war dieses so nette und so hübsche Mädchen mit ihren Freundinnen schon an mir vorbeigegangen. Barbara hieß sie. Sie war mit diesem Frank, eine Jahrgangsstufe über uns, zusammen. Er lachte über Leute wie mich und ich mochte ihn nicht besonders. Er machte sich mehr als einmal vor Barbara und seinen Freunden über mich lustig. Nein, ich mochte ihn nicht, stellte mir oft vor, wie ich ihn im fairen Zweikampf besiegen und er um Gnade flehend vor mir kauern würde. Doch ich verwarf diesen unschönen Gedanken ihn in seinem eigenen Blut vor mir liegen zu sehen. Wenn sie mit ihm glücklich war, dann sollte es mir doch recht sein, was brauchte sie mich dann noch? Als wir uns einmal im Treppenhaus der Schule begegneten und ihr ein Buch hinunterfiel hob ich es ihr kurzerhand auf und sah sie schweigend an. Sie lächelte und dann sagte ich irgendeinen Satz, der sie zum Lachen brachte. Aber ich musste weiter zum Unterricht – in der letzten Bank sollte sich doch noch Leben regen.
Das war vor drei Jahren. Sie machte wohl noch ihr Abitur während ich mit meiner mittleren Reife eine Ausbildung zum Rettungssanitäter antrat. Irgendwie hätte ich nicht gedacht sie jemals wiederzusehen. Doch die späte Nacht schien wie dafür gemacht. Wie Diskolicht das blau, sich im Kreise drehend und weder Erlösung noch Erleuchtung bringend. Das Auto zu schnell, der Fahrer zu reaktionsträge und der abgestellte Anhänger mit Stahlrohren beladen. Sie streiften sie nicht, nein sie schnitten wie durch sie hindurch. Frank in seinem eigenen alkoholisierten Blut – ein später, kampfloser wie fragwürdiger Triumph. Neben ihm Barbara in ihrem. Ich dachte an ihr vergangenes Lachen, damals wie jetzt, doch mir war es das längst. Aber ich musste weiter an die Arbeit – auf der Rückbank regte sich noch Leben.
