Fressen_Moral_Ethik

Erst kommt das Fressen dann die Moral und wann die Ethik?

10. Juli 2020

Moral und Ethik und der feine Unterschied. Die beiden Begriffe werden im Alltagsgebrauch oft und vielmals zu Unrecht synonym gebraucht. Dabei sind sie meines Erachtens, wenn zwar nicht kategorisch unterschiedlich so doch hierarchisch, da die Moral eine Unterkategorie der Ethik darstellt. Geht man nach der Wikipedia ist Ethik das methodische Nachdenken über die Moral", kann also nicht dasselbe sein.

Für mich ist Ethik die Wissenschaft vom tatsächlich richtigen Handeln, wohingegen die Moral eine Art Gesellschaftsethik ist in der man sich innerhalb des entsprechenden Kulturkreises darauf geeinigt hat, was man als richtiges Handeln einstuft. Die guten Sitten, Werte, Normen und Tugenden. Dabei bleibt es schwierig für die Ethik festzulegen, was denn tatsächlich gut und richtig ist, aber das nur nebenbei und mag sein in einem anderen Blogbeitrag näher ausgeführt.

Ein paar Beispiele. Ein immer noch aktuelles Thema ist das sogenannte "Containern" bei dem abgelaufene aber noch genießbare Lebensmittel, zumeist aus Müllcontainern von Supermärkten gestohlen werden. In einem Online-Artikel der Süddeutschen Zeitung heißt es zwar es ginge um Ethik und Moral, der Konflikt zwischen beiden wird aber nicht näher beleuchtet und hernach auch nicht aufgelöst. Die Handlung ist ethisch richtig, aber moralisch falsch. Das liegt daran, dass es in Gesellschaften in denen es Privateigentum gibt eben auch den Diebstahl gibt und es schlüssiger Weise moralisch falsch ist diesen zu begehen. Was hier allerdings mitschwingt ist, dass es unter Umständen bereits moralisch falsch sein kann die Lebensmittel wegzuwerfen. Minus mal Minus gibt hier allerdings nicht Plus.

In einer idealen Welt wird nichts weggeworfen, sondern genau so viel produziert, wie auch tatsächlich konsumiert wird. Ganz grob könnte man das Planwirtschaft nennen. In einer Welt des Überangebots wird vor allem verderbliches manchmal nicht rechtzeitig gekauft. Bei geringer Abnahmemenge ist der Preis einer Ware oft unverhältnismäßig hoch, weshalb Händler, Zwischenhändler und sogar die Endkunden sich gezwungen sehen große Mengen abzunehmen. Dadurch wird, sofern falsch eingeschätzt, oftmals über den eigentlichen Bedarf gekauft. Wenn man nur vier Eier braucht, der Sechserpack aber günstiger ist als die vier Einzelnen, dann scheint es irrational nicht zwei mehr zu nehmen, selbst wenn zwei vielleicht ungenutzt ins Verderben stürzen. Das könnte man Kapitalismus nennen. Im kapitalistischen System ist es also moralisch konformer sich zu verspekulieren und überzählige, abgelaufene Lebensmittel wegzuwerfen, als dieselben zu stehlen und vor ihrer eigentlichen biochemischen Verdorbenheit dem Kampf gegen Armut und Hunger zuzuführen. Erst kommt das Fressen, dann die Moral.

Ein weiteres Beispiel. Versuche an Menschen ohne Ihre Einwilligung oder durch die Ausnutzung einer Zwangs- oder Notlage, durch die sie sich zu einer solchen genötigt sehen, sind unmoralisch. Wenn nun solche Tests beispielsweise an Gefangenen durchgeführt wurden und zu brauchbaren Testergebnissen geführt haben dann ist ihre Verwendung weiterhin moralisch verwerflich, jedoch nicht unbedingt unethisch, wenn damit zukünftig Menschenleben gerettet werden können. Das moralische Dilemma in das man geraten könnte ist also gar keines sondern nur die mangelnde Trennschärfe oder der - durchaus nachvollziehbare - Widerwille seine moralischen Prinzipien anzupassen.

Ein Beispiel bei dem man den Wandel in der Bewertung menschlicher Handlungen sieht ist die Homosexualität. Noch vor wenigen Jahrzehnten standen homosexuelle Handlungen auch in der BRD unter Strafe, da sie als unmoralisch galten. Ich stelle auch die These auf, dass in einem Rechtsstaat jedes Verbrechen unmoralisch ist, jedoch nicht alles, was nicht moralisch ist auch automatisch ein Verbrechen ist. Sobald homosexuelle Handlungen in der Mehrheit der Gesellschaft also nicht mehr als unmoralisch galten mussten sie folgerichtig aus dem Katalog strafbarer Handlungen gestrichen werden.

Und die Moral von der Geschicht', sie kann sich auch mal ändern, die Ethik nicht.